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Die M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU gehen zurück

Die Zahl der Fusionen und Übernahmen mit Beteiligung von KMU in der Schweiz hat 2023 abgenommen. Dafür erwarben Schweizer KMU eine rekordhohe Zahl an Unternehmen im Ausland.

Schweizer KMU haben im ersten Halbjahr 2023 insgesamt weniger Transaktionen durchgeführt als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Transaktionen ging um 18% zurück, wodurch Schweizer KMU bei insgesamt 109 Transaktionen entweder als Käufer oder als Zielunternehmen auftraten. Das geht aus der aktuellen Deloitte Studie zu M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU hervor.

Schweizer KMU treten vor allem als Käufer anderer Firmen auf

Obwohl die Fusions- und Übernahmetätigkeiten insgesamt zurückgegangen sind, ist eine bemerkenswerte Zunahme bei den Übernahmen im Ausland festzustellen. Während die grenzüberschreitenden Transaktionen in den vergangenen Jahren vor allem durch Inbound-Investitionen getrieben wurden, ist seit Mitte 2022 eine Trendwende hin zu mehr Outbound-Transaktionen zu beobachten. Das heisst, dass Schweizer KMU vor allem als Käufer anderer Firmen auftraten und weniger häufig selbst Ziel von Fusionen oder Übernahmen wurden.

Noch nie wurden so wenige Schweizer KMU übernommen

In konkreten Zahlen zeigt sich bei den Inbound-Transaktionen ein deutlicher Rückgang (-54% vs. H1 2022), während die Outbound-Transaktionen im ersten Halbjahr 2023 ein Rekordniveau erreichten (+18% vs. H1 2022). Die Zahl der Transaktionen mit Schweizer Unternehmen als Kaufobjekt (62 inländische und eingehende Transaktionen) ist dagegen eine der niedrigsten seit Beginn der Messungen durch Deloitte im Jahr 2013. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie Anthony West, Partner und Leiter Corporate Finance Schweiz bei Deloitte, erklärt: «Derzeit zeigen ausländische Investoren weniger Interesse an Schweizer Zielen. Hiesige Unternehmer und Eigentümer zögern, ihre Unternehmen zu verkaufen. Die Schweizer KMU kompensieren dies jedoch durch eine verstärkte eigene Kaufaktivität im Ausland. Die wichtigsten Faktoren, die diese Entwicklungen beeinflussen, sind die Resilienz der Schweizer Wirtschaft und die Stärke des Schweizer Frankens.»

Ausländische Investoren zielen auf Schweizer IT-Unternehmen ab

Bei den Transaktionen führen IT-Dienstleistungsunternehmen die Inbound-Transaktionen in der Schweiz an. Mit über einem Viertel aller Transaktionen (26% vs. 21% im Jahr 2022) belegen die Schweizer KMU im IT-Dienstleistungssektor den ersten Platz unter den verschiedenen Branchen und verweisen damit den Industriesektor, der im letzten Jahr noch an der Spitze lag, auf den vierten Platz (13% vs. 22% im Jahr 2022). Der Sektor Life Science & Health Care (19%, vs. 14% im Jahr 2022) rangiert auf dem 2. Platz.

Käufer von Schweizer KMU kommen überwiegend aus Europa

Im ersten Halbjahr 2023 waren die Käufer von Schweizer KMU überwiegend europäische (67%) oder nordamerikanische (26%) Unternehmen, die insgesamt 62 Transaktionen durchführten. Bei den Übernahmen aus dem Ausland waren es wiederum die Schweizer IT-KMU, welche die grösste Nachfrage aller Branchen hervorriefen.

Schweizer KMU kaufen ausländische Unternehmen im Industriesektor

Schweizer KMU sind beim Kauf im Ausland vor allem an Unternehmen im Industriesektor interessiert. Weiterhin die wichtigste Zielregion bei den ausländischen Akquisitionen von Schweizer KMU war Europa mit 83% der Transaktionen. Der Hauptteil entfiel dabei auf die Nachbarländer, mit Deutschland an der Spitze (36%). Die übrigen Akquisitionen tätigten Schweizer KMU vor allem in Nordamerika.

Anleger investieren mit Vorsicht

Die im Vergleich zu den Vorjahren verhaltene Übernahmebereitschaft widerspiegelt die vorsichtige Haltung der Anleger als Reaktion auf die unsicheren und volatilen Marktbedingungen, wie die Experten von Deloitte erklären. Die erste Jahreshälfte 2023 habe Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen gestellt, darunter steigende Zinssätze zur Eindämmung der hohen Inflation, die weiterhin anhaltenden Probleme mit den Lieferketten, der andauernde Ukraine-Krieg, die Stärke des Schweizer Frankens und Turbulenzen im Finanzsektor.

Herausforderungen für in- und ausländische Unternehmen bleiben gross

Die Gesamtzahl an Transaktionen liegt zwar weiterhin über dem Vor-Corona-Niveau, trotzdem zeichnet sich ein Trend ab, wonach ausländische Investoren auch weiterhin weniger Transaktionen in der Schweiz vollziehen dürften.

Diese Situation wird sich im zweiten Halbjahr 2023 wohl nicht gross ändern. «Die Verkäufer sind vorsichtig, und ausländische Investoren zeigen wenig Neigung, sich um Schweizer Unternehmen zu bemühen. Schweizer KMU jedoch dürften weiterhin sehr aktiv bleiben und Auslandübernahmen anstreben. Der starke Schweizer Franken macht ausländische Ziele für Schweizer Investoren attraktiv, während Schweizer Unternehmen für ausländische Investoren teurer werden. Mögliche weitere Zinserhöhungen dürften diese Entwicklung noch anfeuern, was zu einer weiteren Abnahme von ausländischen Investitionen in der Schweiz führen könnte», sagt Jean-François Lagassé, Partner Financial Advisory und Leiter Finanzindustrie bei Deloitte Schweiz. Und er fährt fort: «Trotzdem bleiben wir vorsichtig optimistisch und erwarten, dass sich die makroökonomischen Bedingungen gegen Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres verbessern werden. Diese positive Entwicklung dürfte dann auch den Weg für eine wieder verstärkte Übernahmeaktivität von ausländischen Unternehmen auf dem Schweizer Markt ebnen.»

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