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Privatbanken in der Schweiz waren 2022 dank Zinsgeschäft erfolgreich

Die ‘Big 8’ Privatbanken haben 2022 gute Resultate erzielt, die kleinen haben sich verbessert. Die Netto-Neugelder und die verwalteten Vermögen sind aber drastisch gesunken.

Die verwalteten Vermögen der Privatbanken in der Schweiz sanken 2022 nach dem Rekordjahr 2021 um 361 Milliarden Schweizer Franken, von rund 3,3 auf rund 2,9 Billionen Franken (-11.1%). Gründe dafür sind rückläufige Netto-Neugelder und vor allem die negative Performance an den Finanzmärkten als Folge erhöhter geopolitischer und makroökonomischer Unsicherheiten. Die ‘Big 8’ büssten im Vorjahresvergleich 12.7% ihrer verwalteten Vermögen ein, mittelgrosse Institute 4.9% und kleinere Banken 6.9%.

Unterschiedliches Bild bei den Netto-Neugeldern

Nach einem starken 2021 fiel das Netto-Neugeld 2022 mit 45 Milliarden Franken deutlich schwächer aus, was auf ein um 78% niedrigeres Netto-Neugeld bei den Big8-Banken zurückzuführen war (Vorjahr: CHF 131 Mrd.). Positiv überrascht hat die Gruppe der kleinen Banken: Obwohl sie nur 6% der verwalteten Vermögen der Branche halten, erwirtschafteten sie im vergangenen Jahr 17% der Netto-Neugelder der Branche. Grund dafür dürfte sein, dass die kleinen Banken die letzten Jahre dazu genutzt haben, auf die eigenen Stärken zu setzen, indem sie ihr Boutique-Geschäftsmodell weiter verfeinert haben und trotz Markt- und geopolitischer Turbulenzen das Vertrauen der Kunden aufrechterhalten konnten.

Schwache Banken erhalten eine Verschnaufpause

Die Erträge der Privatbanken sind 2022 gegenüber dem Vorjahr von 19,7 Milliarden Franken auf 19,9 Milliarden Franken gestiegen, was primär auf deutlich höhere Zinserträge zurückzuführen ist, die im Vorjahrsvergleich über 50% zugelegt haben. Der Bruttogewinn ist gegenüber 2021 nur geringfügig um 3.4% von rund 5,9 Milliarden auf knapp 5,7 Milliarden Franken gesunken. Überraschend ist die deutliche Zunahme des Bruttogewinns bei den mittelgrossen (+17%) und kleinen Privatbanken (+28%). «Insbesondere die Institute am unteren Ende der Profitabilität konnten sich dank steigender Zinsen eine Verschnaufpause verschaffen. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herausforderungen für diese Gruppe weiterhin gross sind», erklärt Philipp Rickert, Leiter Financial Services von KPMG Schweiz. Und er ergänzt «Effizienzsteigerungen und Investitionen in die Digitalisierung bleiben Top-Prioritäten, um die Profitabilität zu verbessern.»

Vermögensverwalter im Fokus von M&A-Aktivitäten

Auch wenn das schwierige Marktumfeld für eine weitere Konsolidierung gesprochen hätte, hielten sich Fusionen und Übernahmen 2022 aufgrund des positiven Zinsumfelds in einem beschaulichen Umfang, wobei Transaktionen mit unabhängigen Vermögensverwaltern (UVV) im Inland deutlich zunahmen. Bei sieben von insgesamt 15 Transaktionen waren UVV involviert. «Die relativ hohe M&A-Aktivität in der UVV-Branche kommt angesichts der erhöhten regulatorischen Anforderungen und einer alternden Beraterbasis, die kurz vor der Pensionierung steht, wenig überraschend», so Studienleiter Christian Hintermann, Partner Financial Services von KPMG Schweiz.

Die Zahl der Privatbanken in der Schweiz ist von 92 per Ende 2021 auf 89 per Ende März 2023 gesunken. Hintermann rechnet mit einer weiteren Konsolidierung, da es trotz der Verschnaufpause weiterhin zahlreiche leistungsschwache Banken gibt.

Ausblick

Mit Blick auf die Zukunft besteht gemäss Hintermann die Herausforderung darin, profitabel zu wachsen: «Angesichts gesunkener verwalteter Vermögen, relativ schwacher Netto-Neugelder, limitierter M&A-Möglichkeiten und bei vielen Banken stagnierender Kosten-Ertrags-Verhältnisse kein einfaches Unterfangen», wie er erklärt. Und er fährt fort: «Zusätzlich müssen die Privatbanken in der Schweiz mit den Kosten und der Komplexität des grenzüberschreitenden Geschäfts, einem Mangel an Talenten sowie zunehmender Digitalisierung und Regulierung fertig werden. Im Unterschied zu den grossen und kleinen Privatbanken sind die mittelgrossen Institute insofern in einer herausfordernden Situation, als sie weder signifikant von Skaleneffekten noch von einer klaren Nischenpositionierung profitieren.» Sein Kollege Rickert ergänzt: «Diese Gruppe der mittelgrossen Privatbanken ist besonders stark gefordert, ihr Business-Modell zu schärfen.»

Über die Studie

In der jährlichen Studie ‘Clarity on Swiss Private Banks’ untersuchten KPMG und die Universität St. Gallen (HSG) insgesamt 73 in der Schweiz tätige Privatbanken und beurteilten die Performance dieser Institute sowie die wichtigsten Branchentrends.

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